Geschichte » 1914 - 1919 » Die Gründungsurkunde 1914 » Krieg als Betätigungsgegenstand

2. Der Krieg ein durchaus würdiger Gegenstand der Betätigung

Doch damit sind die Vorteile, die der Krieg nach dem Plane der göttlichen Vorsehung für uns hat, noch lange nicht erschöpft.

Es lebt ein Drang in uns, ein Trieb, der in diesen Zeiten gebieterisch Befriedigung heischt: die Vaterlandsliebe. Wir wollen etwas beitragen zum Wohle unseres bedrängten Vaterlandes.

Mit Begeisterung nehmen wir die eintreffenden Kriegsnachrichten auf. Wir beneiden diejenigen, die ins Feld hinausziehen und ihr Blut für den Heimatboden verspritzen dürfen. So ists recht; die Vaterlandsliebe ist eine erhabene Tugend und der Tod fürs Vaterland nach dem Martyrium der glorreichste und verdienstlichste.

Heilige Flamme, glüh!
Glüh und verlösche nie
fürs Vaterland!

Je flammender aber unser Patriotismus, desto größer ist auch unser Verlangen, tatkräftig einzugreifen in die Gestaltung der Dinge!

So kindlich, so naiv werden wir doch nicht mehr sein, daß wir es beim Hurrahschreien und einigen begeisterten Phrasen oder träumerischen Luftschlössern bewenden lassen. Allerdings kann ich mich nicht der Erkenntnis verschließen, daß in dieser Beziehung das Zusammenleben manche Gefahren in sich schließt.

Oder sagen Sie selbst: War Ihre ganze Auffassung, Ihr ganzes Auftreten während der Ferien nicht gesetzter, ernster, männlicher? Wo ist aber jetzt diese Männlichkeit? Oder ist es ein Zeichen von Männlichkeit und Zeit- und Weltverständnis, wenn wir den Krieg benutzen, um uns über unsere täglichen Pflichten hinwegzusetzen und auch andere dazu verleiten mit der beschwichtigenden Wendung: Es ist halt Krieg! Wie man aber auf diese Weise dem Vaterlande einen Dienst erweist – und das wollen wir doch –, ist durchaus nicht ersichtlich. Am allerwenigsten schickt sich so etwas für einen Sodalen, der immer nur nach den Grundsätzen der vom Glauben erleuchteten Vernunft handelt.

Nicht viel mehr dienen wir der guten Sache, wenn wir unserm Spielen und Turnen einen kriegerischen Anstrich zu geben versuchen. Nicht als ob das verwerflich wäre, beileibe nicht. Im Gegenteil! Es freut mich immer, wenn ich vor meinem Zimmer die Turnstange knarren höre. Es tut mir dann nur leid, daß ich selbst nicht mitmachen kann. Was ich sagen will, ist nur dieses: Es ist doch unermeßlich kleinlich, anzunehmen, daß der gewaltige Krieg im Plane der göttlichen Vorsehung nur diesen einen Zweck für uns habe.

So niedrig denke ich nicht von Ihnen. Ich bin vielmehr der festen Überzeugung, daß jeder von uns mitkämpfen und mitsiegen und mitraten kann im obersten Kriegsrat und mitbauen an der Weltgeschichte. Wir sind keine überflüssigen Nummern, zu träger Untätigkeit verurteilt, sondern wesentliche Faktoren, auf die vieles ankommt. Die Waffe, das Schwert, das, womit wir dem Vaterlande zum Siege verhelfen, ist ernste, strenge Buße, Selbstzucht, Selbstüberwindung: Selbstheiligung.

Wenn wir diese mit Hochdruck betreiben, stellen wir ein neues Gardekorps ins Feld, dessen Reserven die Legionen des Himmels bilden.

Wir heften nicht nur den Sieg an unsere Fahnen, sondern sorgen – und das ist ebenso wichtig – auch für die möglichst gute Ausnutzung des Sieges.

Der Beweis dieser Doppelthese ist schnell erbracht.

Gott ist der oberste Schlachtenlenker. Er hält in seiner Hand den Sieg oder das Verderben verschlossen. Es kommt also darauf an, den rex regum, den dominus dominantium uns günstig zu stimmen.

Und das beste Mittel zu diesem Zwecke ist nicht die Güte, Vortrefflichkeit, Überlegenheit unserer Kanonen – das muß auch sein –, auch nicht die Übermacht an Soldaten – dem Herrn, heißt es in der Heiligen Schrift, fällt es nicht schwer, Heil zu schaffen, sei es mit vielen, sei es mit wenigen (1 Sm 14,6). Wäre es anders, wären wir Rußland gegenüber arm dran. Nein, das beste Mittel gibt uns der Prophet Samuel in einer Proklamation an, die er in Kriegsnot an das Volk erließ:

„Wenn ihr die fremden Götter fortschafft aus eurer Mitte, wird der Herr euch aus der Hand eurer Feinde erretten“ (1 Sam 7,3).

Alles an uns und in uns, was nicht Gott gehört, alle gottwidrigen Neigungen und Leidenschaften, Stolz, Sinnlichkeit, Habsucht, Kritisiersucht ... das sind unsere fremden Götter.

Und wenn der genauere Beweis erwünscht: Sodoma und Gomorrha ...

Heilige Flamme glüh, glüh und ...

Benützen wir das Schwert. Schlagen wir als wahre Ritter ohne Furcht und Tadel auf uns los, daß die Funken sprühen.

Es ist halt Krieg – wenn, dann Schwierigkeiten ...

Wohl ist das stille Arbeit, die nicht in Zeitungen gefeiert – obwohl sich selbst – wohl haben wir dann keine Aussicht auf das Eiserne Kreuz. Doch, was sage ich! Das Kreuz! Doch gewiß, das Kreuz wird uns anvertraut!

Mit Riesenschritten eine neue Zeit: Tod: Pius X., Tod: P. Wernz, Kardinalstaatssekretär.
(Anmerkung: P. Wernz S. J., General der Gesellschaft Jesu, starb Juni 1914. - Kardinalstaatssekretär wurde unter Benedikt XV. Dom. Ferrata, der am 10. Okt. 1914 schon starb. Ihm folgte Gasparri.)

Wer kennt die neuen Probleme, die erwachsen: Heiden kämpfen mit uns!

Wie sich auch alles gestaltet: Wir müssen das Kreuz aufpflanzen auf die neuen Verhältnisse.

www.urheiligtum.de - Die Website über das Urheiligtum der internationalen Schönstatt-Bewegung.

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