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Pater Webers Erinnerungen

… Am Weißen Sonntag, dem 19. April 1914, trat die Kongregation ins Leben. 28 Mitglieder wurden aufgenommen. Für die religiösen Veranstaltungen stellte P. Provinzial die kleine Michaelskapelle zur Verfügung. Sie wurde restauriert und trocken gelegt. In der Weiheansprache am 18. Oktober 1914 legte P. Kentenich einen bedeutungsvollen Gedanken vor: ob es nicht möglich wäre, durch Beiträge zum Gnadenkapital die Kapelle in einen Gnadenort umzuwandeln …

Dieser Appell fand lebendigen Widerhall in den Herzen der Sodalen, sowohl jener, die im Notstandsquartier 'Altes Haus' blieben, wie auch jener, die bereits in den Kasernen und im Felde standen …

Dieses 'Alte Haus' war schon seit Jahren vom Bauamt als 'abbruchreif' bezeichnet worden. Zwei Jahre, von 1912 bis 1914, hatte es als Werkstätte und Lagerhaus gedient. Im August und September 1914, also während der Ferien, wurde es notdürftig hergerichtet. …

Die Strohsäcke lagen auf dem Boden des Speichers, dicht beeinander; denn der Raum mußte für die fünf oberen Kurse dienen mit immerhin noch mehr als achtzig Schülern. Die beiden unteren Kurse wurden später im Ehrenbreitsteiner Haus zusammengerufen. Überall gab es Einschränkungen: beim Schlafen, beim Waschen, beim Essen. An Gelegenheit zum Opfer kein Mangel. Aber je fühlbarer das Opferleben, um so mehr stieg der Eifer als Frucht des Gebets und der guten geistlichen Führung durch P. Kentenich und der sogenannten disziplinären Wachheit von P. Auer, die beide bei uns im alten Haus wohnten.

In der Gruppenarbeit der Sektionen wurden die 'Opfer' spezialisiert. Diese Arbeit fand ihren ersten großen Ausdruck in den 'Maiblüten' des Mai 1915. Jeden Sonntag standen auf den Stufen des Altars im Kapellchen zwei Schachteln. Die eine war gefüllt mit 'Papierröllchen'. Auf jedem Papierstreifen stand ein 'Opferakt' für die kommende Woche. Beispiele: Strohsack gut ordnen; Waschschüssel blank halten; Schulbücher gut ordnen; Treppe ruhig hinaufgehen; die Frühstücksbrote so nehmen, wie sie kommen.

NB: um 10 Uhr vormittags kam ein Korb mit Broten – vom Studienheim oben – herunter; die Scheiben waren ungleich geschnitten und ungleich mit Marmelade belegt. Das war für manche eine Versuchung, sich die besten Stücke auszusuchen: Ich habe damals beobachtet, wie einige Studenten bis zuletzt warteten und sich mit dem begnügten, was übrig geblieben war und oft nicht appetitlich aussah);

die häuslichen Arbeiten wie Kehren und Putzen gut machen; auch die Ecken nicht vergessen; Putzlumpen gut gereinigt aufhängen; in der Schuhputzkammer auf Ordnung halten; umherliegendes Papier aufheben und in den Papierkorb bringen; und so viele andere Dinge mehr, die als Ganzes gesehen eine vorbildliche Haus und Lebensordnung darstellten. Dazu kamen besondere Übungen des Gebets und der Gebetsmeinungen, wie Kreuzweg, Rosenkranz. Auch bestimmte Tugendhaltungen: Pünktlichkeit, Gehorsam, vermeintliches Unrecht tragen. All das vereinigte sich in den 'Maiblüten' 1915 als Beiträge zum Gnadenkapital. Dieser Mai brachte einen derartigen Aufschwung im Berufsleben der Studenten, daß P. Auer mir damals einmal sagte – ich war ja Primaner und Obmann der Eucharistischen Sektion: So etwas habe er als Vizerektor und Präfekt noch nie erlebt; er brauche kaum einmal zu mahnen, noch weniger zu strafen.

Sonntags morgens nach dem Hochamt gingen oder liefen die Studenten ins Kapellchen, holten ihre 'Maiblüten' aus der einen Schachtel, lasen sie, rollten sie wieder zusammen und legten sie zusammengerollt in die andere Schachtel. Mancher bekam beim Lesen so etwas wie einen roten Kopf, und viele bekannten: 'Das hat mal wieder ganz genau für mich gepaßt!' Das gab viel Heiterkeit und kindliches Vertrauen zur lieben himmlischen Mutter. Der Familiensinn und die Berufs und Arbeitsfreude wuchsen. Immer mehr fühlten sich alle als ein Herz und eine Seele. Auch der Gesprächston änderte sich; er wechselte vom Banalen zum Geistlichen …

Den Löwenanteil an den Beiträgen fürs Gnadenkapital aber brachten die bewußten Beiträge der Sodalen-Soldaten.

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