> Kapitel 10 - Die Klosterruine

10. Die Klosterruine

1. Die Kirche:

Gründung. – Beschreibung. – Stil. – Patronin. – Reliquien. – Verfall. - Untergang.

“Sicut lugubre ita insigne documentum ruinae.“ Civius.

Die Klosterkirche von Schönstatt ward gegen Ende des 12. oder zu Anfang des 13. Jahrhunderts erbaut. Es muss ein herrlicher Bau gewesen sein, wie uns die schönen, noch erhaltenen Westtürme ahnen lassen. Aus den wenigen Überresten zu schließen, war es eine Pfeilerbasilika im Übergangsstil, von ca. 33 Meter Länge, mit zwei verhältnismäßig engen und niederen Seitenschiffen und einem höheren Hauptschiff mit Oberfenstern. Die Kirche hatte anscheinend auch ein ca. 5,50 Meter ausladendes Querschiff mit Giebeln und wahrscheinlich auch zwei an das Chor sich anschließende Kapellen. Das Querschiff mit dem Chor lag höher als das Langhaus und war mit dauerhaften, weißen, rötlichen und schwarzen, glasierten Tonplättchen rauten- und schuppenförmig gepflastert. Zum Mauerwerk sind Bruchsteine verwendet, die in der Nähe gebrochen wurden; die Steinmetzarbeiten waren aus Sandstein, Tuffstein und Kalksinter gehauen. Der Triumpfbogen ruhte anscheinend auf Säulen, deren attische Basen mit Eckblättern noch erhalten sind. Wahrscheinlich bildete die Kirche mit dem Kloster ein planmäßiges Viereck.

Die Westtürme, eine Zierde des Tals, bis zur Höhe von vier Geschossen und der Turmzwischenbau sind erhalten und zeigen deutlich den Übergangsstil. Das unterste Geschoß der Türme ist undurchbrochen, mit Bruchsteinen ausgemauert und frühromanisch. Die drei Obergeschosse sind regelmäßig aus Quadern hergestellt. Im ersten sind an jeder Seite zwei Rundbogenfenster, jedes von einer zu dreien, mit Überhöhung der mittelsten, gruppierten Rundbogenblende umschlossen. Im zweiten Geschoß befindet sich ein auf einer Mittelsäule gepaartes Rundbogenfester, von einem Kleebogen umrahmt, dessen eingelegter Rundstab auf eingelegten Säulen ruht. Im dritten Geschoß sind drei Rundbogenfenster mit Überhöhung des mittleren angeordent, deren Zwischensäulen hintereinander gekuppelt sind, von einer Rundbogenblende umrahmt. Die beiden oberen Geschosse haben Ecklisenen, das zweite mit Konsolenfries, das dritte mit Zickzackfries. Die Säulen haben attische Basen und im südlichen Turme einfach Würfelkapitäle, während die 28 Säulchen des nördlichen Raumes eine wahre Sammlung verschiedenen Materials und mannigfacher interessanter Kapitälformen ausmachen. Im Innern der Türme finden sich Spuren von Gratgewölben.

Der Zwischenbau scheint ein Rundbogenportal und zu jeder Seite zwei Rundbogenfenster in zwei Reihen übereinander gehabt zu haben.

Die Kirche war der allerseligsten Jungfrau und dem hl. Johannes dem Täufer geweiht, wovon das Kloster „Unserer lieben Frauen“ genannt wurde. Altäre waren zu Ehren der hl. Barbara, der hl. Margareta usw. geweiht. Im Jahre 1465 verkaufen die Nonnen Renten, die zum St Margaretenaltar gehörten und zu Höhr hafteten, den beiden Vikaren Heymann Nutzeling und Wernher van der Ham um 5 Malter 3 Simmer Hafer und 9 Albus.

Die Kirche besaß wertvolle Reliquien, unter andern, wie schon erwähnt, einen Teil der Hirnschale der hl. Barbara in Silber gefasst, womit verschiedene Heilungen gewirkt worden sein sollen. Ferner rühmte sich Schönstatt, ein Glied des Fingers des hl. Johannes des Täufers zu besitzen, mit dem der Vorläufer des Herrn auf den Heiland deutete: „Sehet das Lamm Gottes!“ (?) Es hieß, dass die Reliquien in der Kapsel immer ein Geräusch verursachte, wenn eine der Klosterjungfrauen dem Tode nahe war. Außerdem hatte die Kirche eine bedeutende Partikel von einem Arme des hl. Bartholomäus, eine Reliquie der hl. Katharina, aus welcher Öl träufelte, usw.

In der Kirche wurden auch nach dem Weggange der Nonnen noch die heiligen Geheimnisse gefeiert. Da jedoch die Klosterfrauen alle Wertsachen, selbst die Glocken, und die meisten Altäre mit nach Koblenz genommen hatten, so wurde das Gotteshaus bald sehr vernachlässigt und geriet in Verfall. Die Schweden (1633) aber und besonders die Franzosen haben das Gotteshaus dann vollständig zerstört. Bei den letzten Nachgrabungen fand sich der ganze Boden neben den Fundamenten angefüllt mit Dachschieferplättchen, in denen noch vielfach die Nägel steckten.

Im Jahre 1901 wurden die Türme von der preußischen Regierung stilgerecht restauriert und mit Schutzdächern versehen.

 

2. Das Kloster

Anlage. – Michaelskapelle. – Verschiedene Besitzer der alten Klostergebäude.

Das Kloster bildete wahrscheinlich, wie wir schon sagten, mit der Kirche ein Viereck, durchströmt von dem Wambach oder wenigstens von einem künstlichen Arme desselben. Das ganze war von einer Mauer umgeben. Das jetzige Klostergebäude scheint in seinen Hauptmauern noch der alten Zeit anzugehören; die Rokokotüren stammen aus dem Ende des 18. Jahrhunderts.

Am südöstlichen Ende befand sich die Klostermühle, welche in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wiederaufgebaut wurde. Die Meiereigebäude standen wohl an der Stelle der heutigen Farbmühle und Röhrenfabrik.

Im Osten schloss sich an die Kirche der Friedhof an. Die Skelette sind vielfach noch gut erhalten.

Das kleine Kapellchen innerhalb der Klostermauern stammt in seinen Fundamenten ebenfalls aus den ältesten Zeiten des Klosters. Es war dem hl. Michael geweiht. Im Jahre 1319 am 18. September schenkte Guda von Kastorf, die Magd des Priors von Schönstatt, dieser Michaelskapelle drei Weinberge, in der Flut „zum Jungen“ einen und zwei zu Meinngefe genannt (in der Gemarkung von Moselweis), damit der Vikarius besser gehalten, und jeden Tag allda eine hl. Messe gelesen werden möge. Das Kapellchen wurde gleichfalls von den Schweden zerstört aber bereits 1681 wieder aufgebaut und seiner ursprünglichen Bestimmung wiedergegeben. Nach dem Jahre 1812 wieder zerstört, wurde es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von neuem erbaut, wie es heute noch zu sehen ist.

Die Klostergebäude mit dem gesamten Eigentum waren nach dem Wegzuge der Klosterfrauen, wie wir sahen, an die trierische Hofkammer übergegangen, und zwar für 4312 Rädergulden und 8 Albus. Bis diese bezahlt waren, erhielten die Nonnen jährlich 4 Fuder Wein, 24 Malter Korn, 4 Wagen Heu und 100 Gulden. Zur Sicherheit hatte ihnen der Kurfürst seinen Zoll zu Koblenz versetzt, sich aber auf die 4312 Gulden das Wiedereinlösungsrecht vorbehalten.

Von der trierischen Hofkammer hatte der Kellner (Verwalter) Hermann Weigel das ganze Besitztum des Klosters Schönstatt zuerst gepachtet und nach einigen Jahren käuflich erworben. Später gelangte dasselbe an die von Marioth, eine hervorragende Familie, welche im 18. Jahrhundert zwischen Lahn und Rhein eine Anzahl Berg- und Hüttenwerke besaß. Unter Marioth ward nahe bei dem Kloster ein Eisenhammer errichtet, worauf Eisenblech auf welsche Manier bereitet und zu allerlei Gefäßen verarbeitet wurde, die im Kloster verzinnt wurden.

Durch eine Mariothsche Tochter kam dann Schönstatt an einen Herrn Cönen und später an den Franzosen Moritz Masson (Marceau). Dieser legte nun 1780 in den Klostergebäuden eine Porzellanfabrik an, deren Fabrikat durch seine ausgezeichnete Feinheit allgemeine Aufmerksamkeit erregte. Gleichwohl fand Masson bei dem Werke seine Rechnung nicht und verkaufte seine Fabrik an den kurkölnischen Hofrat Meyer. Auch dieser war mit dem Unternehmen nicht besonders glücklich. Er baute eine Glasurmühle, welche aber bald wieder einging und einer Farbmühle Platz machte. Auch den Hammer setzte er, allerdings nur für kurze Zeit, wieder in Betrieb für Stahlbereitung.

Von Meyer ging Schönstatt auf seine Enkel, den Schultheiß Müller u.a. über. Unter diesen wurden dann die Besitzungen des früheren Klosters im Jahre 1823 zerstückelt und erhielten verschiedene Herren. Das noch stehende größere Gebäude samt den Türmen kam an Merkelbach in Koblenz, welcher für 1 1/2 Jahre die Porzellanfabrik weiter betrieb. Im Jahre 1825 wurde der Besitz abermals zerrissen, indem Merkelbach die Türme nebst der Scheuer an Christoph Bender, die übrigen Gebäude, den Hofraum und die Skt. Michaelskapelle an Peter Demond aus Höhr verkaufte. Dieser betrieb dann fast ein halbes Jahrhundert daselbst Pfeifenfabrikation mit gutem Erfolge.

Ende der sechziger Jahre ließen sich graue Schwestern in den alten Räumen nieder. Sie mussten aber infolge des Kulturkampfes bald wieder ausziehen. Darnach kam das Kloster an einen Herrn Karl Dorsenmagen( Hier mit „n“ Dorsenmagen geschrieben.), der in dem letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts mit großer Mühe und Kunstsinn die jetzigen Anlagen schuf, welche in paradiesischer Schönheit das stille Kloster umziehen.

Das Lärmen des Hammers und der Fabrik wird längst nicht mehr gehört, statt dessen aber vielstimmiger Gesang gefiederter Sänger, welche vom ersten Erwachen des Frühlings bis zum rauen Winter liebe Freunde des Klosters sind und durch ihre heiteren Lieder hinwegtrösten über all die wechselvollen und traurigen Geschicke des Klosters.