> Wunsch zur Kapellchen-Vergrößerung

Wunsch zur Kapellchen-Vergrößerung

Brief von Albert Eise an den Spiritual

Dankbarkeit

Der Briefverkehr mit den Soldaten-Sodalen wird fest betrieben. Die Begeisterung hierfür kann ja nicht ausbleiben, wenn wir beide, Waldbröl und ich, zusammen die eingelaufenen Briefe studieren und uns erfreuen an dem Eifer für unsere M.t.a., der herausklingt.

Von Herzen danke ich Ew. Hochwürden für die Beschreibung des Weges, den Sie mir als von Maria vorgeschrieben angeben. Ich sehe es auch ein. Ein Ansporn, noch kräftiger zu arbeiten an der Zerstörung der Hindernisse auf diesem Weg, um meiner Mutter freie Hand zu lassen, mich möglichst schnell zum Ziele zu führen, das mir schon längst begehrenswert und schön erschien. Zugleich fand ich dies auf dem Briefbogen neben dem Bildnis unserer lb. Dreimal wunderbaren ausgedrückt:

Mutter, dreimal wunderbar,
Lehr mich, Deinen Ritter, streiten,
Trotz der Feinde Macht und Schar
Deinen Minnedienst verbreiten:
Daß die Welt, durch Dich erneut,
Deinem Sohne Weihrauch streut!

Worte des allerschönsten Inhalts. In Versuchungen, die merkwürdigerweise im Feuerbereich des Feindes mit größter Wucht auftreten, wirkten sie wie lindernder Balsam, wenn ich sie als heißes Gebet über meine Lippen brachte. Dieses mein Lebensideal hat eben Einfluß nicht nur auf den Willen, sondern auch auf das Gefühl.

Als neueste Idee traf mich der Gedanke der Verschönerung und wenn möglich einer Erweiterung unserer Kongregationskapelle als Dank der Sodalen. Daran hatte ich noch nie gedacht.

Zuerst kam mir das Bedenken: Die alte ehrwürdige Michaelskapelle zerstören! So dürfte ich die Stätte überhaupt nicht mehr wiedersehen, wo unsere Mutter uns den Samen ins Herz streute. Hier dürfen wir aber nicht so urteilen, wir müssen für die Zukunft arbeiten‚ wo das Ansehen unserer dreimal wunderbaren Mutter größer sein wird, so daß eine Michaelskapelle in jetziger Gestalt zu arm und zu klein ist für die große Ehre, die ihr hier vielleicht zuteil werden, und für die großen Beweise ihrer Mutterliebe, die sie vielleicht hier offenbaren wird. Und wären wir nicht undankbar, nichts für sie tun zu wollen! Sicher wird etwas entstehen, wenn wir guten Willen zeigen, und den haben wir. Unsere Mutter ist dreimal wunderbar und immerwährend hilfsbereit. Daran dachte ich oft, wenn ich in Berlin in der Seitenkapelle von St. Bonifaz vor dem Bildnis der immerwährenden Hilfe kniete.

Was sagen Ew. Hochwürden dazu, daß wir beide wieder zusammenkamen. Eine Fügung unserer Mutter? Es kam ganz unverhofft. Ich war schon nachts 1/2 12 Uhr mit der Kompagnie angetreten zum Abmarsch, als alle vom Jahrgang 1896 mit einem Teil von 1895 den Befehl erhielten, zum Rekrutenbataillon zu gehen, das etwas hinter der Front liegt. Wir taten es alle sehr ungern, aber es war nichts zu machen. Gleich beim ersten freien Augenblick erkundigte ich mich nach Waldbröl, und ich fand ihn. Mit Freude grüßten wir einander. Unsere Arbeit verrichteten wir gemeinsam. Jeden Abend kommen wir zusammen und besprechen uns über unsere Pläne, Arbeiten und Erfolge, und mit ‚nos cum prole pia’, wie wir es in Berlin gewohnt waren, gehen wir auseinander.

(21.8.1916)

Augenblicklich bin ich mit meiner Kompagnie in Bereitschaftsstellung, wo die Zeit nicht so knapp ist‚ weshalb mir die Missionszeitschrift unserer Missionssektion, die Akademischen Missionsblätter, sehr willkommen war. Wenn man so lange, lange nichts von Missionen hört‚ wirkt eine solch reichhaltige Zeitschrift wie ein erfrischender Regen auf das zarte Bäumchen der Missionsbegeisterung. Also meinen allerbesten Dank der Missionssektion für ihr neues apostolisches Handeln.

Das Schuljahr, das nun begonnen hat‚ scheint für die Kongregation sehr Frucht bringend zu sein, wenn schon am Anfang so schön angefaßt wird. Hoffentlich wird in diesem Schuljahr noch manches Neue hinzugefügt und das Alte hochgehalten. Auch ich beginne jetzt ein neues Jahr im Waffenrock. Vorgestern war es ein Jahr, daß ich Berlin zum ersten Mal sah und mit meinen andern Kameraden, von denen schon ein großer Teil tot ist, die Kaserne betrat. Damals freute ich mich, meine anderen Mitsodalen im Waffenrock nachzuahmen und gleich ihnen mich als ganzen Mann betätigen zu können. Mein Vertrauen zu unserer himmlischen Mutter war nicht gering und – sie hat mich nicht verlassen. Mit starker Hand leitete sie mich in der Großstadt durch die tausend Gefahren.

Ew. Hochwürden wissen ja selber aus unsern Briefen im verflossenen Jahr, wie uns unsere Mutter führte. Sie haben ja selber geschrieben, unsere Führung sei herrlich, in jedem Fall beneidenswert. Es ist in der Tat wirklich so, dessen bin ich mir voll bewußt, und darum ist es auch meine Pflicht, mich stets und bei jeder Gelegenheit ihr dankbar zu erzeigen. Aus Dankbarkeit will ich auch alles tun, ihre Ehre zu fördern und mich noch inniger ihr aufzuopfern. Ja, von meiner Geburt an bin ich ihr geschenkt, und ihr will ich sein für immer.

Ew. Hochwürden wünschen, daß wir einstens als ausgereifte Priester für die Ehre Mariens erglühen oder jetzt den Tod auf dem Schlachtfelde finden. Diese Worte sind mir aus dem Herzen gesprochen. Entweder das Eine oder das Andere, einen anderen Wunsch habe ich nicht. Doch in allem nach Gottes Absicht, wie Maria es will. Möge sie es nicht anders wollen, so daß ich schließlich als Krüppel die Heimat wiedersehe. In diesem Sinne bitte ich auch Ew. Hochwürden, für mich zu beten, vor allem aber meiner Mutter besonders zu danken.

Heute habe ich Gelegenheit, Ew. Hochwürden die 25 Mark zu senden, die wir beide, Waldbröl und ich versprochen haben. 10 Mark schicke ich in besonderem Sinne an die M.t.a.‚ das übrige ist von beiden.

(30.9.1916) Albert Eise, sod. Mar.