> 18. Oktober 1934 - Unser Jubiläumsfest

18. Oktober 1934 - Unser Jubiläumsfest

In Schönstatt (Aus einem Rundbrief)

Aus: Altera Maria 1934-35, S. 130 – 133

“ Der 18. Oktober im marianischen Volksjahr 1934 wird unvergeßlich sein in unseren Kreisen und in der ganzen Bewegung. Wer die Augustfeier der Überführung und Beisetzung der Heldensodalen und das Festspiel „Ave, imperatrix“ hier miterlebte, der war schon eingestimmt auf das Jubiläumsfest. Es hat wohl dazu beigetragen, daß die Vorbereitung auf den 18. Oktober überall eine so ernste und tiefgehende war. Ungezählt vielblättrige Rosen wurden aus X. zum Feststrauß gewunden. Die B. sandten auch noch Edelweiß und Lilien. Viele sammelten Wachsböhnchen, die am Festtag als Kerzen sich verzehrten. Die Jungmädchen von B. legten für jedes Opfer ein Weihrauchkörnchen beiseite. Die vielen Körnchen wurden dann am Jubiläumsfest in den Andachten verbrannt.

In der Umgegend von W. wallfahrtete man natürlich als Vorbereitung zum Heiligenhäuschen. Man ging sogar über die Zahl der sieben versprochenen Wallfahrten hinaus. Manche aus dem fernen X. „reisten“ im Geiste nach Schönstatt. Sie schenkten der Gottesmutter soviel Zeit, als zu einer Bummelfahrt nötig war. Diese Zeit mußte aber im Gebet oder in opferschwerer Arbeit zugebracht und bewußt der Gottesmutter aufgeopfert werden. Das „Reisen“ nach dem Fahrplan hat ihnen viel Freude gemacht und die Sehnsucht nach dem Schönstattheiligtum verstärkt. Eine dieser Schwestern aber konnte als Vorbereitung wirklich nach hier reisen mit „Kraft durch Freude“. Das löste Jubel und Freude aus, als sie sieben Tage hier sein konnte und zu gelegener Zeit noch etwas Passendes mitbekam ...

Am 11. Oktober, dem Feste der Mutterschaft Mariens, war in allen Häusern Schönstatts, vor allem in „Mutters Stübele“, höchster Festtag. Die ganze Limburger Provinz der Pallottiner weihte sich an diesem Tag der Dreimal wunderbaren Mutter von Schönstatt. Dabei war die Friedberger Provinz durch einige Patres vertreten. Die Marienschwestern hielten am 13. Oktober ihre Familienweihe, weil am 18. die Familie nicht hätte beisammen sein können.

Am Sonntag in der Oktav des Kapellchenpatroziniums fand hier die große Frauenwallfahrt statt, die gegen 800 Mütter, darunter auch Mädchen, ins kleine Heiligtum führte. –

Am 17. Oktober stand unser Kapellchen still und öde da. Die Arbeiter pflasterten den Platz vor dem Kapellcheneingang, deshalb blieb das Allerheiligste den ganzen Tag in unserer Hauskapelle. Der große Lebensbaum, der Jahrzehnte das Kapellchen beschützt hatte, neigte sein Haupt vor der Axt des Bruder Gärtners. (Man sagt, im nächsten Jahr würde er doch verdorrt sein, weil er krank sei.) Es tut einem so leid, daß all die Blumen, Sträucher und Bäume, die uns so viel zu erzählen wußten aus den Anfängen unserer Schönstattfamilie, einem öden Pflaster weichen mußten. Der ganze Platz neben dem Kapellchen ist verändert, gradlinig, im Viereck, von kleinen Lebensbäumen umsteckt. Im Hintergrund (vor der Erhöhung) erhebt sich quer eine kleine Mauer. In ihrer Mitte wird ein Altar eingebaut.

In unserer Vorbereitungsnovene haben wir uns wohl alle geistig ins Kapellchen versetzt, der Gottesmutter unsere Opfer angeboten und um Segen für den Tag gefleht. Unser Kapellchen und die Heldengräber waren am 18. Oktober festlich geschmückt. Es war ein stillinniger Bet und Freudentag. Im kleinen Heiligtum reihte sich Messe an Messe. Gegen 8.15 Uhr war Amt, um 10 Uhr eine Trauung, danach die letzte heilige Messe, anschließend Aussetzung des Allerheiligsten in der Monstranz. Vor 10 Uhr stürmte Leben vom Studienheim den Berg herunter. Die Kapellenglocke wurde gezogen, und bald klang es in wuchtigen Klängen durch den kleinen Raum: „Wir wollen Saatkorn werden, die Saat der Mta ...“ Es folgte ein Gebet, das die Studenten eigens für diesen Tag geformt. Dann wurde es still. Die Wandlungsglocke läutete: Mit ihrem göttlichen Sohn brachte die Mutter die tapfere Schar dem Himmelsvater dar ... Jetzt noch ein Lied an unsere Herrin und Königin: „Klinge, du Hymne, der Königin hehr ...“ und – fort waren sie wieder den Berg hinan, wohl zu frischer, froher Arbeit.

Den ganzen Tag über wurden Betstunden gehalten, so daß das Kapellchen stets besetzt war, oft mußten noch Beter vor der Tür stehen. Das Sanctissimum stand in Rosen und gelben Chrysanthemen und in reichem Lichterglanz. Die beiden Tafeln mit den Namen und den Eisernen Kreuzen unserer Heldensodalen waren von einem schlichten Efeukranz umrahmt. Fünf große Wallfahrtskerzen, die in Wirklichkeit von den Wachskrümchen der Opfer der Schönstattkinder zusammengeschmolzen waren, und viele kleine Kerzen brannten vor dem Altar, umstellt von vielen Blumen. Nach Mittag zählte ich genau 18 Kerzen vor dem Altar und 10 Kerzen, die zusammen auf dem Haupt und den beiden Seitenaltären brannten. Wie sinnig, daß – ganz unbewußt – unser Gründungstag, der 18.10., in dieser Weise vor der Mutter erstrahlte! Das Kapellchen und sein Festschmuck machte einen tiefen Eindruck auf die Besucher. – Es waren auch 27 Mütter aus V. zum Feste gekommen, zum Teil Ligistinnen. Eine Schwester hielt ihnen einführende und vertiefende Vorträge.

Den Abend beschlossen wir im Bundesheim. Einer unserer H. H. Patres, die unsere Heldensodalen heimholten, zeigte uns in Lichtbildern noch einmal die große Fahrt nach Frankreich, nachdem er uns erst aus seinen Erinnerungen vom 18. Oktober berichtete. Zu unserer großen Freude erzählte er uns auch Genaueres über den Tod J. Englings. Den Sonntag zuvor waren der Unteroffizier und ein Kamerad von J. Engling hier, die an seinem Todestage noch mit ihm zusammen waren. Durch sie erfuhren wir Sicheres über Zeit und Ort von Englings Sterben, und wenn wir noch einen Gefreiten ausfindig gemacht, der beim Rückzug der Kompanie Engling tot liegen sah und nochmals nach ihm gesehen hatte – wegen eigener Lebensgefahr ließ er ihm die Erkennungsmarke! – soll mit diesem Gefreiten und dem Unteroffizier eine zweite Fahrt nach Frankreich unternommen werden. Gelt, wir müssen es zum Anliegen aller machen, daß uns die Gottesmutter klar zeigt, ob sie die Heimholung von Engling wünscht ...

Am Sonntag nach dem Jubiläumstag wurde abends an den Gräbern der Heldensodalen eine Gedenkfeier gehalten. Das Studienheim hatte die Männer und Jungmänner von Vallendar und Umgebung dazu eingeladen. Nach der Andacht und der Ansprache in der Studienheimskapelle bewegte sich eine Lichterprozession den Berg hinunter zu den Heldengräbern. Die Primaner gingen mit brennenden Fackeln voran und sangen das Kerzenlied. Hunderte folgten, bunte Lichtlein tragend. Die Feier war recht ergreifend. Die sinnvollen Gedichte ließen die Heldensodalen zu uns sprechen nach ihren Wahlsprüchen: „Ich will allen alles werden.“ – „Etwas Ganzes oder gar nichts.“ – „Ave, imperatrix, morituri te salutant!“ (Sei gegrüßt, Königin, die bereit sind, für dich zu sterben, grüßen dich!) „Der betende Tote“ zeigte uns Josef Engling. Wie er auf dem Schlachtfeld, halb kniend, zusammengesunken war und den Rosenkranz in der Hand hielt. Teile aus der Gründungsurkunde des Gnadenkapitals und der Vortrag vom 19. August wurden vorgelesen. Den Schluß bildete das Magnifikat, als Sprechchor vorgetragen. Die neuen Schönstattlieder wurden eingeflochten, und bevor man auseinanderging, schallte es weithin:

Hei, wir sind Schönstatts junger Sturm.
Wankt im Gewitter der Zweite Turm,
siegfroh stehen wir da.
In der Zeitenwende, im Kampfgewühl.

In der Nächte Dunkel leuchtet das Ziel.
Und ist der Kampf auch Fährnis ohnegleich,
Herrin von Schönstatt, wir bau’n dein Reich! ...

Auch Ihr werdet alle am Jubiläumstag im Geiste hier gewesen sein und mit uns der Gottesmutter ständig Lob und Dank gesungen haben. Vielleicht habt Ihr auch in Euren Besprechungen am 18. Oktober oder am darauffolgenden Sonntag mit uns gesungen: „Wir wollen Saatkorn werden ...“ Haben wir durch unsere erneute Hingabe an Schönstatt uns nicht erneut als Saatkorn einsenken lassen in den Ackergrund der Mater ter admirabilis? Dann möge auch der folgende Vers wahr werden:

Und wundersames Leben
durchzittert unser Mark,
und Ströme uns durchbeben.
Wir wachsen und wir streben
und blüh’n und werden stark.

Die Wurzel tief gesenket,
tief, wo die Quelle quillt,
die gnadenhaft uns tränket,
mit Segen uns beschenket
und uns mit Kraft erfüllt.

Dann sind wir hohe Eichen,
an Schönstatts heil’gem Ort,
die keinem Sturme weichen,
und allen Müden reichen
wir Schutz und starken Hort.

Immer schönes Heiligtumsmotiv