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Marienliebe

1915 - Die Pappschachtel auf dem Altar des Heiligtums

Wir haben zwei Berichte darüber, wie schon im Mai 1915 und auch danach auf dem Altar des Heiligtums eine Pappschachtel (bzw. zwei Pappschachteln) zu besonderem Zweck stand.

Der erste Bericht stammt aus Erzählungen von Pater Alex Menningen. Zur selben Zeit, als im Studienheim in Schönstatt aus dem Missionsverein für die älteren Schüler die Marianische Kongregation der Maior und aus dem Erziehungsverein der 3. Klasse die Marianische Kongregation der Minor entstand, gab es einen jüngeren Schüler der ersten Klasse, den Alex Menningen. Viel später wurde aus ihm der für Schönstatt so bedeutsame Pater Alex Menningen, einer der engsten Mitarbeiter von Pater Kentenich. Er zog im September 1913 in das Internat ein, und zwar in die erste Klasse; nur von Ferne konnte er beobachten, was die Älteren da alles taten mit ihren Vereinen.

Noch bevor der Erste Weltkrieg am 2. August 1914 ausgebrochen war, wurde alles ziemlich anders. Am 31. Juli 1914 schickte die Internatsleitung ihre Schüler nach Hause. Schon am 4. August wurde das Studienheim von der Militärregierung beschlagnahmt und zum Lazarett umgewandelt. So konnten nach den Sommerferien 1914 nicht mehr alle Schüler nach Schönstatt zurückkehren. Die untersten zwei Klassen mußten von Juli an unfreiwillig-freiwillig außergewöhnlich lange Ferien machen. In der öffentlichen Propaganda wurde ja die Erwartung ausgestreut, der begonnene Krieg sei in aller Kürze mit einem Sieg des deutschen Heeres beendet, und dann gehe das Leben weiter wie zuvor. Das trat jedoch in Wirklichkeit nicht ein. So entschied sich die Hausleitung, noch vor Kriegsende den Schulbetrieb wieder aufzunehmen. Die Oberklassen durften im Oktober zurückkehren; die Unterklassen erst am 11. November, und zwar nicht mehr nach Schönstatt, sondern in das alte Studienheim der Pallottiner in Ehrenbreitstein. Dort verbrachte der junge Alex mit anderen 60 Mitschülern den ersten Teil des zweiten Schuljahres, bis Ostern 1915.

Als Alex nach Ostern 1915 wieder nach Schönstatt zurückkehren durfte, wunderte er sich über das, was sich dort inzwischen verändert hatte. Später erzählte er immer wieder von seinen Beobachtungen.

Alex Menningen staunte über vieles, unter anderem auch über das Michaels- oder Kongregationskapellchen, das bei seiner Rückkehr nach Schönstatt von den älteren Schülern fleißig aufgesucht wurde. Besonders machte er eine wichtige Beobachtung, die er zum Beispiel 1970 erzählte.

Den zweiten Bericht haben wir aus den Erinnerungen von Alfons Weber. Alfons Weber wurde ebenfalls Pallottinerpater und war einen Großteil seines Lebens in Argentinien eingesetzt. In seinen Erinnerungen an die frühere Zeit erzählte er manches, und da taucht wieder jenes Schächtelchen auf, in welchem gleichsam Selbsterziehung, Marienverehrung und Gemeinschaftsarbeit der Marianischen Kongregation zusammenfließen.

Als er seine Erinnerungen niederschrieb, war er 68 Jahre alt. Dabei hatten sich ihm manche Einzelheiten offensichtlich gut eingeprägt, was ein Vergleich mit der Liste der Maienblüten zeigt, die allerdings erst ein Jahr später, also 1916 entstanden ist. Von ihr ist das Original über die Jahrzehnte hinweg (zuletzt im Archiv der Schönstattpatres) erhalten geblieben.

Das Gnadenkapital

In engstem Zusammenhang mit dem Sammeln von Maienblüten als Ausdruck der Marienliebe steht die Entstehung des Begriffes und Lebensvorgangs der Beiträge zum Gnadenkapital.

In den geschichtlichen Dokumenten taucht das Wort vom Gnadenkapital – soweit wir bisher wissen und wie oben schon vermerkt – zum ersten Mal im Brief Pater Kentenichs vom 12. Mai 1915 an Josef Fischer auf.

Wir aber freuen uns über unser Kapellchen und fühlen uns dort heimischer als je. Hier sollten auch Sie zu Hause sein. Von dem Gnadenkapital, das wir im Mai hier zusammengetragen, bekommen Sie auch selbstverständlich eine große Anzahl Zinsen, vorausgesetzt, daß Sie etwas zum Kapital beitragen in Ihrer Weise. Sie verstehen mich …

Dieser Begriff „Gnadenkapital“ wurde von Pater Kentenich nachweislich von niemand und nirgendwoher, auf alle Fälle nicht aus einer schriftlichen Quelle, übernommen. Pater Menningen schildert 1970 den Hergang.

In der kirchlichen Literatur wurde der Begriff ‚Gnadenkapital’ bisher nur an drei Stellen gefunden, nämlich bei Alfons von Liguori, Tanquerey und Scheeben; doch alle drei Fundorte waren Pater Kentenich nicht zugänglich (Alfons und Tanquerey in italienischer Sprache, Scheeben zeitlich viel später und von Pater Kentenich – nach seinem eigenen Zeugnis – damals nicht gelesen.)